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16. April 2019

Frühjahrsputz im Wald

Schweres Gerät kämpft in den Wäldern des Landesverbandes Lippe gegen die Folgen von Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer

Dem Forstrevier Hiddesen westlich der Stoddartstraße sind die Eingriffe deutlich anzusehen: Baumstümpfe, Schneisen der Forstwirtschaftsfahrzeuge und zu Poltern geordnete Baumstämme bestimmen das Bild. Der Revierförster des Landesverbandes Lippe, Hermann Kaiser erklärt die Notwendigkeit der Intensivkur: „Neben der normalen Durchforstung und der Pflege von Wander-, Reit- und Wirtschaftswegen, haben wir mit den immensen Folgen des letzten Jahres zu kämpfen. Die Sturmschäden von Friederike haben wir inzwischen im Griff. Dazu kommt aber die große Zahl an Bäumen, die Hitze, Dürre und Borkenkäferbefall nicht überstanden haben“ Vor allem der Käfer zwingt die Forstwirte zum schnellen Handeln: Befallene Bäume und sogar gefällte Stämme können erneut zu einer starken Ausbreitung des Schädlings beitragen und den Fichtenbestand noch weiter reduzieren. Außerdem stellen abgestorbene Bäume eine Gefahr für die Wegesicherheit dar.

Das Areal um den Donoperteich ist ein beliebtes Naherholungsgebiet. So muss Herrmann Kaiser auf die große Zahl an Spaziergängern, Joggern und Radlern achten, die sich auf das Wegenetz im Wald verlassen. „Den Pivitker Wasserweg und andere Wanderwege haben wir als erstes von Bäumen befreit, damit Wanderer sich nicht bedroht fühlen“, so Kaiser.

Den toten oder irreparabel geschädigten Bäumen widmet sich im Forstrevier Hiddesen momentan ein Spezialist: Ein Harvester, also eine spezielle Holzerntemaschine fällt, entastet und zerteilt die Baumstämme. Diese Methode ist sicherer und ungleich schneller als ein händisches Fällen des Holzes. Der Harvester verfügt über ein Kopfaggregat am Ende eines Arms, das die Stämme hält, fällt, bewegt, zerteilt und sogar misst. In wenigen Sekunden verarbeitet die Maschine einen stehenden Baum in einen sortierten Stapel gleichlanger und entasteter Stammabschnitte, der danach von der Holzrückemaschine abgeholt werden kann. Sie eignet sich also dort, wo viel Holz eingeschlagen werden muss oder dort, wo reguläre Forstarbeiten zu schwierig oder gefährlich wären. Andersherum braucht auch das Multitalent mitunter Unterstützung: Gestürzte und unter Spannung stehende Stämme werden zunächst mit der Kettensäge durchtrennt – die ruckartige Entlastung könnte den Harvester beschädigen. Die händische Arbeit und der Einsatz der Holzerntemaschine müssen deshalb gut koordiniert werden. In sandigen Gebieten wie diesem, fallen die Bäume zudem oft samt Wurzelteller. Nach der Entnahme des Stamms, versuchen die Forstwirte dann den Wurzelteller wieder in die Waagerechte zu kippen, damit die schweren Ballen aus Erde und Wurzelwerk nicht unerwartet wieder zuklappen und Menschen verletzen.

Die Bedienung des Harvesters stellt dabei keine leichte Aufgabe dar – ungefähr ein Jahr Lernzeit braucht selbst ein ausgebildeter Forstwirt, bis er den Riesen sicher und fachgerecht nutzen kann. Im Forstrevier Hiddesen übernimmt diese Aufgabe Stephan Endemann vom Forstbetrieb Gebrüder Endemann aus Nieheim. Er arbeitet seit vielen Jahren in den Wäldern des Landesverbandes Lippe und kennt sich hier aus. Doch der Einsatz im stark besuchten Wald, westlich von Hiddesen ist auch für ihn eine Herausforderung – oft muss er das Fällen unterbrechen, weil sich Schaulustige dem Harvester nähern. Deshalb appelliert Hermann Kaiser an Spaziergänger, Forstarbeiten weitläufig zu meiden. Reißt ein Glied der Sägekette, kann es zum sogenannten Kettenschuss kommen: Das Ausschlagen, der mit bis zu 45 Meter pro Sekunde rotierenden Kette, kann einzelne Teile auf die Geschwindigkeit eines Projektils beschleunigen.

Im Steuerhäuschen ist Endemann vor solchen Gefahren geschützt, ihn plagen andere Sorgen. Da das Aggregat die Baumstämme ganz umfasst, muss der Steuerer immer im Kopf haben, was sich hinter dem Baum, im toten Winkel befindet. Ein Schnitt in den sandigen Boden bedeutet, dass das ohnehin stark belastete Sägewerk Schaden nimmt. An manchen Tagen muss Endemann fünf Mal eine neue Kette aufziehen. Die mit 70 PS betriebene Säge bahnt sich deutlich schneller einen Weg durch das Holz als eine handbetriebene Kettensäge, bei deren Benutzung durch einen Fallkerb die Sturzrichtung des Baums vorgegeben ist. Der Harvester muss den Durchmesser des Stamms durchsägt haben, bevor der Baum zu fallen beginnt. Die Geschwindigkeit des Geräts dient als nicht nur der Zeitersparnis, sie ist notwendig, um Schäden durch zersplitterte Stämme zu vermeiden. Auch die Witterung kann das Arbeiten beeinflussen. So muss der Steuerer seine Route gut planen, da das Arbeiten gegen den Sonneneinfall kaum möglich ist.

 

Abbildung:  Der Harvester zerteilt einen Stamm in gleichlange Abschnitte. (Abbildung: Landesverband Lippe)

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